Göttinger Tageblatt

GUSTAV RUEB INSZENIERT „DANTONS TOD“ IN KASSEL 

Von Peter Krüger-Lenz 

„Ich weiß, dass es mich das Leben kosten kann.“ Das sagt einer, der derzeit die Revolution in Ägypten vorantreibt. Das hätte auch Georg Danton sagen können, wahrscheinlich hat er es gedacht. Georg Büchner schrieb 1835 das Stück „Dantons Tod“, in dem er sich mit der revolutionären Feindschaft zwischen Danton und Robbespierre beschäftigt, zwei führender Gestalten der französischen Revolution. 

Im Staatstheater Kassel hat Gustav Rueb das Werk jetzt inszeniert – es ist eine wirklich grandiose Produktion geworden. 

Büchner war erst 21 Jahre alt, als er „Dantons Tod“ schrieb. „Woher wusste er das alles schon?“, fragte Intendant Thomas Bockelmann im Anschluss an die Premierenvorstellung die Theaterbesucher. Eine berechtigte Frage, denn Büchner verhandelt in sehr komplexer Sprache sehr komplexe Themen. 

Robbespierre ist der kühle Denker, der unbestechliche Rationalist, der Weggefährten ohne mit der Wimper zu zucken den großen Zielen opfert. Danton ist einer dieser Weggefährten, der Revolution bisweilen eher schwärmerisch betreibt. Ein brillanter Rhetoriker zwischen jugendlichem Überschwang, dem Glauben an die eigene Unantastbarkeit und gesegnet mit dem Charisma des Anführers. 

Er entdeckt den Kitzel amouröser Abenteuer und zweifelt immer mehr am Sinn der Aufruhr. Beide versuchen noch einmal, zueinander zu finden. Doch schließlich lässt Robbespierre den ehemaligen Freund Danton und seine Kameraden köpfen, Heißsporne wie Danton auch. 

Manchmal arg testosterongesteuert 

Für diese Gemengelage hat Daniel Roskamp eine überraschende und sehr starke Bühne entworfen. Alles spielt sich in einer Art rundumverglasten Penthaus mit Wintergarten ab, das sich von Szene zu Szene dreht, zum Junggesellenapartment wird, zum Gerichtssaal und schließlich sogar als enge Gefängniszelle taugt. Hier wartet die Jungmänner-Gruppe auf den Abtransport zur Guillotine. 

Von vielen starken Figuren ist die Szenerie bevölkert. Thomas Meczele ist als Danton sehr emotional, körperlich und präsent, manchmal aber arg testosterongesteuert. Aus seiner Clique sticht Camille Desmoulins hervor, den Alexander Weise mit viel nachvollziehbarem Überschwang, später dann voller berührender Angst spielt. 

Anke Stedingks Finstermann St. Just, ein Berater Robbespierres, flüstert leise und teuflisch gut ein. Jürgen Wink und Matthias Fuchs runden als gealterter Revolutionäre mit roter Clownsnase und viel Weisheit das Drama ab. Ganz nah kommen einem die Figuren, die auf der Bühne mit sich ringen, mit der Zeit, der Revolution, mit Gewalt und Liebe. Verstärkt wird dies durch eine Soundcollage, die Heiko Schnurpel entworfen hat. Auch diese: beeindruckend.