Ruhrnachrichten

"Die Schwärmer": Traumtänzer in Absturzgefahr 

Von Bernd Aulich 

BOCHUM Ein kindlich-unbeschwerter Augenblick gleich zu Beginn - wenn nur nicht flackernde Grableuchten den langgezogenen schmalen Guckkasten aus Edelholz-Furnier auf der Vorderbühne der Bochumer Kammerspiele säumten: Auf waagerecht empor gestreckter Stirn balanciert Marina Frenk als Regine eine der Leuchten. 

Regines Schwester Maria misslingt dieser Balanceakt später. Beide Frauen entflammen, leuchten grell und verglimmen. Wie die Männer, zu denen sie sich in wechselnder Paarung gesellen, sind sie Traumtänzer. "Die Schwärmer" nennt sie Robert Musil in seinem 1921 entstandenen Schauspiel. 

Intensive Momente 

Es passiert so gut wie nichts im schillernden Geflecht feiner Seelenschwingungen. Gustav Rueb glückt allenfalls eine Annäherung. Seine Inszenierung erreicht dank starker Akteure intensive Momente. Leider kann sich Rueb nicht zwischen Konversationsstück und Seelendrama entscheiden. Und die Kürzung um rund die Hälfte raubt dem Stück manchen Sinnbezug. Dass sich Regine verbrennt, nachdem sie Ehemann Josef und Liebhaber Anselm verlassen und sich dem Hausherrn Thomas zugewandt hat, nimmt dem Stück sein Geheimnis. 

Starke Schauspieler 

Wunderbar abgeklärt spielt Stefan Schießleder den von ihr als "fühllosen Verstandesmenschen" charakterisierten Thomas mit einer Intensität, die nur Marina Frenks Regine und Christine Schönfelds Maria erreichen. Rätselhaft bleibt, was die Frauen an Oliver Möllers blutleerem Anselm fasziniert. Benno Iflands gradliniger Detektiv Stader und die Bedeutung seiner mit enthüllenden Papieren gespickten Mappe sind durch grobe Striche schemenhaft verkürzt.